Der Waldkönig
Vor vielen, vielen hundert Jahren herrschte noch der Waldkönig in unserm Lande. Vom Harzgebirge bis an das Nordmeer dehnte sich gar weit sein Reich. Im Harzwald, am Fuße des Brockens, stand sein gewaltiges Schloß. Gar oft bestieg der Waldkönig seinen prächtigen Schimmel und besuchte seine Untertanen. Wie rauschten die Bäume des niedersächsischen Urwaldes, wenn der König durch das Land zog! Am Halvesser Teich hielt der Waldkönig oft Rast. Dort traf er hhäufig mit der Fischkönigin, deren Schloß in der grünen Nordsee steht, zusammen. Dann tanzten die Elfen und Nixen am Ufer, dann kamen die Zwerge und brachten Geschenke, dann sangen die mächtigen Eichen und Buchen ihrem Könige zu Ehren das uralte Waldlied. Wie plätscherten so fröhlich die Wellen im Halvesser Teich, wie war er so stolz auf seine hohen Gäßte! Eines Tages aber kamen viele, viele Männer in das Land. Sie hatten blanke, scharfe Äxte, und sie erschlugen dem König tausend und abertausend getreue Recken und Mannen. Der Waldkönig war machtlos. Gegen die Menschen mit den Steinbeilen hatte er sich noch wehren können, aber das scharfe Eisen zerschlug den dicksten Rießenpanzer, zerstörte den stärksten Wurzelverhau. Als der größte Teil seines Waldheeres Vernichtet war, konnte der König das Sterben des Waldes nicht mehr mit ansehen, darum zog er sich in das unterirdische Schloß des Zwergkönigs zurück. Seit der Zeit hat ihn niemand mehr gesehen. Oft aber schickt er seinen Schimmel durchs Land, der muß ihm berichten, wie es um den deutschen Wald steht. Der Schimmel kehrt dann jedesmal ein beim Halvesser Teich. Manch alter Bauer aus Abbensen, Wendesse und Eixe hat den Schimmel dort schon gesehen.
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