Schwarzer Panther
  Der Bote der Fischkönigin
 

Der Bote der Fischkönigin

Manchmal schickt die Fischkönigin einen Boten nach dem Halvesser Teich und läßt fragen, ob der Waldkönig nicht kommt. Die Nachfrage besorgt meistens ihr dicker, feister Koch. Der ist zwar ein ganz alter Kerl, dem schon grünes Moos auf dem Kopfe wächst; aber diese Botengänge besorgt er gern, denn ihm schmeckt das Süßwasser besser als das salzhaltige Wasser der grünen Nordsee. Als er eines Tages wieder am Halvesser Teich weilte, eine tüchtige Schüssel Flohkrebse verzehrt und genug süßes Wasser dazu getrungen hatte, hielt er auf einer Moosbank, die dicht am Ufer im Wasser stand, sein Mittagsschläfchen. Da kam ungefähr ein Tagelöhner aus Abbensen dort vorüber. Er wollte von einem Heidstück eine Karre voll Plaggen holen. Plötzlich erblickte er den großen Fisch. Schnell nahm er sein Plaggeneisen, und schwupp, ehe der dicke Fischkoch es sich versah, lag er am Ufer unter einem Fuhrenbusch. Er hatte sich nämlich so erschrocken, daß er ohne Überlegung ans Land gesprungen war. Der Tagelöhner versuchte nun, den Rießenfisch auf die Karre zu bekommen. Das war keine leichte Arbeit. Schon der Schwanz des Ungetüms war so schwer, daß er ihn kaum heben konnte. Nachdem er sich zwei Stunden lang abgequält hatte, lag der Fisch entlich auf der Karre. In Peine war gerade Markttag. Deshalb beschloß der Tagelöhner, seine Beute dort sofort zu verkaufen. Was würden die Peiner Bürger für Augen machen, wenn er diesen Fisch brachte. Da saßen ja ein paar hundert Pfund dran. Schon zählte er in Gedanken all sein Geld, das er einnehmen würde. Er schob die Karre auf der alten sandigen Uetzer Heerstraße entlang, die über den Sundern führt. Aber alle zehn Schritt mußte er anhalten, so schwer war die Fuhre. Der schweiß lief ihm nur so in Strömen über das Gesicht. Der dicke Koch der Fischkönigin verhielt sich ganz ruhig. Er war in seinem ganzen Leben noch nicht einmal gefahren worden, und das Fahren machte ihm Spaß. Als der Mann den Sundernberg erreicht hatte und Peine zu seinen Füßen lag, atmete er auf. Nun hatte er es geschaft. in diesem Augenblick richtete sich der Fisch hoch, schlug seine großen glasigen Augen auf und rief, als er die nahe Stadt sah, seinem Fuhrmanne zu :

,,Glieb bringste meck weer in`n Halvesser Diek, süst dreihe eck deck dä Näse in`n Nacken!"

Vor Schreck ließ der Tagelöhner die Karre stehen und wollte nach dem nahen Sundern laufen, aber wieder rief der Fisch:

,,Eck kome un dreihe deck dä Näse in`n Nacken!" 

Zitternd faste da der Abbenser die Karre und schob sie schwitzend den ganzen Weg zurück. Es war diesauerste Arbeit seines Lebens. Als er aber den Fisch in den Teich kippte, schlug dieser mit seinem Schwanze zur Seite. Er traf das Bein des Tagelöhners, und der arme mußte sein Leben lang hinken.   

                                           (Hermann Hennis) 

 
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