Schwarzer Panther |
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Die Döblinger Weihnachtsgans |
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Die Döblinger Weihnachtsgans
Einer wahren Begebenheit nacherzählt von Maria Branowitzer
Im Allgemeinen pflege ich nicht, die Vergangenheit aufzuwärmen. Doch als ich jetzt in den Schaufenstern die Weihnachtsgänse liegen sah, fiel mir ein Erlebnis ein, das nacherzählen lohnt, obgleich es schon über fünfzig Jahre zurückliegt.
In einem Vorort von Wien lebten zwei nette alte Damen. Es war schwer, sich für Weihnachten in der Nachkriegszeit einen wirklichen Festbraten zu verschaffen. Da hatte die eine der Damen die Möglichkeit, auf dem Land gegen allerlei Textilien eine wohl noch magere, aber spring lebendige Gans einzuhandeln. In einem Korb verpackt brachte die Dame – nennen wir sie Fräulein Agathe – das Tier nach Hause. Und sofort begannen Agathe und ihre Schwester Emma das Tier zu füttern und zu pflegen.
Die beiden Damen wohnten in einem Mietshaus im zweiten Stock. Niemand im Haus wusste davon, dass in einem der Wohnräume der Schwestern ein Federvieh hauste, das verwöhnt und großgezogen wurde. Agathe und Emma beschlossen feierlich, keinem einzigen Menschen jemals davon zu sagen, und zwar aus zweierlei Gründen:
Erstens gab es Neider und zweitens wollten die beiden Damen um nichts in der Welt mit irgend einem nahen oder weiteren Verwandten die später möglicherweise nudelfett gewordene und dann gebratene Gans teilen.
Deshalb empfingen sie auch sechs Wochen lang, bis zum 24. Dezember, keinen einzigen Besuch. Sie lebten nur für das Tier.
Und so kam der Morgen des 23. Dezember heran. Es war ein strahlender Wintertag. Die ahnungslose Gans stolzierte vergnügt von der Küche aus ihrem Körbchen in das Schlafzimmer der beiden Schwestern und begrüßte sie zärtlich schnatternd. Die beiden Damen vermieden es, sich anzusehen. Nicht, weil sie böse aufeinander waren, sondern – nun, weil eben keine von ihnen die Gans schlachten wollte.
„Du musst es tun!“ sagte Agathe, sprach’s, stieg aus dem Bett, zog sich rasend rasch an, nahm eine Einkaufstasche, überhörte den stürmischen Protest und verließ in rasender Eile die Wohnung.
Was sollte Emma tun? Sie murrte vor sich hin, dachte darüber nach, ob sie vielleicht einen Nachbarn bitten sollte, der Gans den Gar aus zu machen. Aber – wie schon erwähnt – hätte man dann eben einen großen Teil von dem gebratenen Vogel abgeben müssen. Also schritt Emma zur Tat, nicht ohne dabei wild zu schluchzen.
Als Agathe nach geraumer Zeit wiederkehrte, lag die Gans auf dem Küchentisch, ihr langer Hals hing wehmütig pendelnd herunter. Blut war keines zu sehen, aber dafür alsbald zwei liebe alte Damen, die sich schluchzend umschlungen hielten.
„Wie ... wie ...“ schluchzte Agathe, „hast du es denn gemacht?“ „Mit ... mit ... Verona!“, weinte Emma. „Ich hab‘ ihr einige deiner Schlafpulver auf einmal gegeben, und jetzt ist sie ... huhu ... rupfen musst du sie huhuuuuuu ...!“
Nachdem sich die beiden eng umschlungen auf einem Sofa sitzend ausgeweint hatten, raffte sich Agathe auf und begann, den noch warmen Vogel systematisch zu rupfen. Federchen auf Federchen schwebte in eine Papiertüte, die die unentwegt weinende Emma hielt. Zum Ausnehmen aber konnte sich keine entscheiden. So kam man dann überein - da es mittlerweile spät abends geworden war - das Ausnehmen der Gans auf den nächsten Tag zu verschieben.
Am zeitigen Morgen wurden Agathe und Emma geweckt. Mit einem Ruck setzten sich die beiden Damen gleichzeitig im Bett auf und stierten mit aufgerissenen Augen und offenen Mündern auf die nachts offen gelassene Küchentür. Hereinspazierte, zärtlich schnatternd, wenn auch zittern und frierend, die gerupfte Gans!!! Es ist wirklich wahr!!! Lesen Sie nur weiter – es kommt nämlich noch besser.
Als ich am Weihnachtsabend zu den beiden alten Damen kam, um ihnen noch rasch zwei kleine Päckchen zu bringen, kam mir ein vergnügt schnatterndes Tier entgegen, das ich nur des Kopfes wegen als Gans ansprechen konnte, denn das ganze Vieh steckte in einem liebevoll gestrickten Pullover, den die beiden Damen in rasender Eile für ihren Liebling gefertigt hatten.
Ich habe diese Geschichte gleich, nachdem sie passierte, im Rundfunk erzählt. Ware Scharen pilgerten damals hinaus nach Döbling, um die Pullovergans zu sehen.
Sie lebte ganze sieben Jahre, dann starb sie eines natürlichen Todes. Heftig betrauert von den beiden Schwestern
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